John Cages Klavierzyklus „Sonatas and Interludes“ gehört zu den bedeutendsten Werken des 20. Jahrhunderts. In einer von den beiden Künstlerinnen Ji-Youn Song (Klavier) und Joey Arand (Film) konzipierten Konzertperformance werden die von Cage selbst benannten indischen Wurzeln dieses Meilensteins der neueren Klavierliteratur offengelegt und mittels einer simultanen Videoprojektion das ganze Ausmaß des darin liegenden interkulturellen Verschmelzungsprozesses vor Augen geführt.
Cage lässt in dieser Komposition den klassischen Klavierklang und das damit eng verbundene westliche Verständnis von Musik als einem Kommunikationsgeschehen weit hinter sich und bringt es fertig mittels des Klaviers – Inbegriff und Symbol abendländischer Musik – die meditative und kathartische Kraft der traditionellen religiösen Musik Indiens zur Geltung kommen zu lassen. Dies gelingt ihm durch den Kunstgriff der Präparation und den erklärten Bezug auf die sog. „permanenten Emotionen“ (indisch: bhava), die in Indien bis in die Gegenwart in einer speziellen Tanzform überliefert und gepflegt werden.
Auf ihren Indienreisen hat Joey Arand diesen Tanz, der sich ganz und gar auf die Gesichtsmimik der Tänzerin beschränkt, filmisch dokumentiert. Dieses einzigartige Dokument bildete den Hintergrund für die Aufführung der „Sonatas and Interludes“ und ließ ihre indischen Wurzeln sicht- und spürbar werden.
Zur Vermittlung der unverkennbar religiösen Dimension dieser Musik findet sich in Kassel wohl kein besser geeigneter Raum als die Klosterkirche, deren Architektur von ihren Anfängen an der spirituellen Dimension von Musik verpflichtet ist. Zu Beginn gab Ji-Youn Song eine Einführung in den Werkzyklus, im Übergang zur Konzertperformance wurden indische Speisen angeboten und zum Austausch mit den Künstlerinnen eingeladen.